18.9.2018: Es gibt so Komplimente, an denen kaut man eine Weile … und weiß nicht recht: Ist das jetzt wirklich ein Kompliment oder irgendwie doch eher nicht? So geht’s uns mit der Reportage von Sönke Krüger, Chef des Ressorts “Reise” bei der deutschen Zeitung “Welt”. Krüger schreibt über Istrien – unter der Überschrift: “Istrien ist die neue Toskana”.
Was er damit meint, ist faktisch erst einmal klar:
- Istrien ist eine absolut anerkannte Genussregion (wie die Toskana)
- Istrien ist aber – noch – nicht so teuer wie die Toskana (Krüger nennt das “keine Mondpreise”)
- Heißt: auf nach Istrien! … ?
Letzteres muss man zumindest deutschsprachigen Touristen nicht sagen. Die sind nämlich längst da – und immer und immer wieder, weil dieser Teil Kroatiens den Deutschen, Österreichern und Schweizern am nächsten liegt … sehr praktisch.
“Mondpreise” gibt es in Istrien tatsächlich auch nicht – obwohl Istrien alles in allem keineswegs billig ist.
Das mit der “Genussregion” stimmt auch. Und wie! Und vor allem grade jetzt, wo nämlich in Istrien die “Trüffeltage” sind! Jawohl, “Istra”, wie Istrien auf kroatisch heißt, ist ein Trüffel-Hotspot dieser Welt – und davon gibt’s nicht viele, genau genommen nur zwei andere: Perigord in Frankreich und Alba in Italien (die Australier versuchen sich in gewissen Trüffelzüchtungen, aber das ist ja mehr Chemie…).
Das Wort “Toskana” hat aber eben auch einen, sagen wir: leicht müffelnden Beigeschmack, ähnlich dem – Verzeihung an alle Ober-Gourmets – Geruch von frisch ausgegrabenen Trüffeln: “Toskana” steht für Hedonismus, für Menschen, die alles dem Genuss opfern, denen das gute Leben so wichtig ist, dass sie sich in der Toskana ein stilvolles Ghetto des Reich-und-glücklich-seins einrichteten. Wie es dem Bauern nebenan, neben der Prachtvilla mit ihren perfekt geformten Zypressen, geht, ist der sogenannten Toskana-Fraktion (zu ihr gehörte auch manch ein deutscher, genussfreudiger Politiker) herzlich egal.
“Nije me briga” – das sagt der Kroate, wenn ihm etwas oder jemand egal ist. Und das sagt er aber NICHT so wie der Toskarianer – auch nicht in Istrien. Die Kroaten lieben das Essen, den Wein und auch den Trüffel, und gerade die Istrier veranstalten gern Getöse rund um die Gastronomie – aber erstens so, dass jedermann teil hat daran, und zweitens auf eine zünftige Weise, die im besten Sinne nicht-toskanisch ist.
Beispiel: Buzet (siehe Foto). Ein kleiner rustikaler Ort in nächster Nähe zu den tiefen istrischen Wäldern, in deren feuchtem, mit reichlich Baumschatten gesegnetem Erdreich die echten Schlauchpilze zu finden sind – so prosaisch heißt die Pilzgattung, zu der der Trüffel gehört. In Buzet gab’s Anfang September, zum Beginn der “Trüffeltage”, eine Riesengaudi, deren Hauptbestandteil ein Riesenrührei mit – na klar – Trüffeln war: 2018 Eier wurden dafür verrührt und zehn Kilo Trüffel! Auf so eine zünftig-genussvolle Idee würden Toskarianer nie kommen!
Für uns ist Istrien NICHT die neue Toskana. Sondern einfach Istrien, und das ist absolut genug und unvergleichbar. Aber weil wir auch gern genießen, gibt’s hier ein paar Fakten rund um das Thema “Istrien im Trüffelfieber”:
- Das berühmte “Trüffeldreieck” von Istrien wird gebildet von den Orten Buzet, Pazin und Buje – und dem Wald von Motovun, in dem die Trüffelhunde ihre schwarzen Nasen tiiief in die Erde stecken, um die begehrten Knollen zu erspüren. Das tun sie zwischen drei und sieben Uhr in der allerfrühesten Frühe, weil um diese Zeit der Trüffelgeruch im Wald am intensivsten für die Hunde ist
- “Trüffel” heißt auf kroatisch “tartuf” – das kommt vom italienischen Wort “tartufolo”. Die Deutschen ließen sich vom italienischen tartufolo zum Wort “Kartoffel” inspirieren – was wenig miteinander zu tun hat außer, dass bei beidem von “Knollen” gesprochen wird
- Selbst dem Laien bekannt ist, dass es schwarze und weiße Trüffel gibt – wobei der Unterschied neben der Farbe der Preis ist: Während ein Kilo schwarzer Trüffel für um die 2500 Euro gehandelt wird, kann der weiße – weil er seltener zu finden ist und angeblich besser, intensiver schmeckt – locker mal als Kilo für 4000 Euro und mehr den Besitzer wechseln
- Die Kroaten sagen, wenn sie die unterirdisch wachsenden Luxuskartoffeln suchen: “Idemo traziti tartufe” (gespr.: idemo traschiti tartufe”).
Zur Info:
Die “Trüffeltage in Istrien” dauern noch bis 18. November; weitere Informationen:
http://www.istria-gourmet.com/de
Und was Herr Krüger über das toskanische Istrien denkt, können Sie hier nachlesen:
https://www.welt.de/reise/nah/article181531584/Genussreise-in-Kroatien-Istrien-ist-die-neue-Toskana.html
(Fotos (schwarzer Trüffel & Ort Buzet): Pixabay)