Cromedia macht Schule: Willkommen zu unserem 29. Unterrichtspost “Wie werde ich ein echter Kroate?”. Diesmal SINGEN WIR!
Und zwar so richtig! So, wie sie singen, die Kroaten, wenn sie am Samstag, dem 16. Juni, um kurz vor 21 Uhr deutscher und kroatischer Zeit singen werden – auf dem Grün, das seit heute für alle Fußballfans die Welt bedeutet und das diesmal in Russland liegt: Die Fußball-WM beginnt – und es werden wieder Hymnen geschmettert.
Die kroatische Nationalhymne wird von vielen als besonders schön und melodiös empfunden – mit ihren sanften Stellen, die dann plötzlich zum großen Rausch anheben, wie eine Opernarie … und das passt sogar, wenn man den Komponisten betrachtet. Oder den vermutlichen Komponisten.
Die Originalkomposition der kroatischen Hymne ist nämlich verschollen. Weshalb der eine oder andere Experte hinter den Namen Josif Runjanin ein Fragezeichen setzt. Runjanin, geboren 1821 in Vinkovci (im Osten des Landes, nahe der Grenze zu Serbien), war Oberstleutnant der österreichisch-ungarischen Streitkräfte, als diese Länder in Kroatien noch das Sagen hatten. Ein Militärmusiker, ein Soldat mit Talent zum Komponieren – so großem Talent, dass wir und die meisten Kroaten fest glauben, dass er die Hymne erschuf. Schließlich: Der Mann hat später tatsächlich auch große Lieder geschrieben – eines zum Beispiel mit Motiven aus der berühmten Oper “Der Liebestrank” von Donizetti!
Die kroatische Hymne heißt “Lijepa nasa domovino” (gespr. Lijepa nascha domovino mit Betonung auf “do”). Übersetzt: “Unsere schöne Heimat”. Die Kroaten nennen sie verkürzt “Unsere Schoene” (nasa lijepa) – sie sind überhaupt, was ihre Hymne angeht, nicht mal ansatzweise so verliebt in das Wort Heimat, wie man vielleicht vermuten würde (und wie es grad, nicht nur in Hrvatska/Kroatien, Mode ist …).
Geschrieben wurde der Text von dem kroatischen Dichter Antun Mihanovic (geboren 1796 in Agram – alter Name von Zagreb). Der war auch österreichischer Diplomat und gab der Donau denselben Platz im Text wie dem kroatischen Fluss Sava.
Das Wasser im Text ist es auch, das zum Politikum wurde – oder vielmehr zum Spiegel der Zeit: Mit der Unabhängigkeit Kroatiens erhielt die Hymne zweimal Wasser dazu: den Fluss Drau – und: das Meer (more)!
Und aus der “Heimat” wurde 1990 die “Nation” (narod, auch “Volk”). Alles innerhalb einer bestimmten Strophe – der dritten:
Teci Savo, Dravu teci,
Nit’ ti Dunav silu gubi,
Sinje more svijetu reci:
Da svoj narod Hrvat ljubi!
Übersetzt:
Fließe, Sava, Drau, fließe,
Auch du, Donau, verliere deine Kraft nicht,
Blaues Meer, sage der Welt,
Dass der Kroate sein Volk liebt!
Übrigens: Im Vergleich zu vielen anderen Hymnen kommt die kroatische ohne die Begriffe Blut, Krieg, Feind aus. Dagegen fließt bei den Belgiern Blut ( also hymnentextlich), in Costa Rica ist das Volk mutig, vor allem aber männlich (???!!!), England und Iran singen gegen Feinde an, Mexikaner singen gar vom Kriegsgeschrei … es ist nicht immer schlecht, wenn man die Länderhymnen nicht versteht .
Hier “Unsere Schöne” zum Mitsingen:
https://m.youtube.com/watch?v=mWZWznGeoP0
(Foto: Pixabay)