Cromedia macht Schule: Willkommen zu unserem 51. Unterrichtspost “Wie werde ich ein echter Kroate?” – diesmal beleuchten wir – im Wortsinn, aber natürlich auch jahreszeitbedingt – das innige Verhältnis des Kroaten zur … Lichterkette!
Es nähert sich rasant der Dezember, am Sonntag wird die erste Adventskerze entzündet – und Kroatien? Kroatien glüht geradezu vor Licht. Wer irgendwie denkt, dass man das kleine, spezielle, rotweiß karierte Land am besten im Sommer besucht – von wegen Meer und so -, den belehren wir hiermit eines Besseren: Kroatien im Advent ist fenomenalno (auf deutsch: phänomenal). Und das liegt zuvorderst an der Liebe des Kroaten zur Lichterkette.
Ich weiß, Harrods in London in der Vorweihnachtszeit – unbelievable. Auch in Kanada trifft man um die Zeit tatsächlich mehr Weihnachtsmänner auf der Straße als Normalos, und in Thailand jagt ein poetisches bis kitschiges Lichterfest das andere. Überall gehen im Dezember die Lichter an – dennoch: In Kroatien ist das Verhältnis zur Lämpchenschnur ein ganz besonderes.
Sie friemeln sie nicht einfach um den Buchsbaum herum, wie in Deutschland. Sie säumen damit nicht nur die Garage. Nein: Sie ziehen den Bäumen so viele Lichterketten an, dass es aussieht, als trügen sie Lichterstrümpfe über Stamm und Ast. Allüberall blinkt die bozicna svjetla – gesprochen: boschitschna swjättla, die Lichterkette.
In Zagreb, wo der Adventsmarkt dreimal bereits zum schönsten Europas gewählt wurde, gibt es auch in diesem Jahr kaum eine Gasse, in der man nicht von Weihnachtslicht überfallen wird. Touristen baden geradezu im Licht, schlendern durch glitzernde Lichterkettentunnel an glitzernden Ständen vorbei, an denen glitzernde Weihnachtsartikel verkauft werden.
Man fühlt sich wie angetrunken vor lauter Lichterketten. Man bekommt mitunter auch Kopfschmerzen – etwa, wenn man erwachsen ist und plötzlich im Weihnachts-Lunapark von Split steht. Äh … da unten das Meer und hier übermannsgroße Weihnachtskugeln voller Lichterketten??? Das muss man erst mal mental zusammenbringen …
Der echte Kroate schafft das locker. Weil die Lichterkette nicht einfach nur glitzert, sondern heimatlich glitzert für ihn, weil die Adventszeit gar nicht pompös genug sein kann nach den langen, dunklen Jahren des Sozialismus, als Kroatien zu Jugoslawien gehörte – und als in dem Teil, der jetzt Kroatien ist, Adventsfeiern tatsächlich verpönt waren.
Wer damals “Jingle Bells” vor dem 24.12. hören wollte, der schlich wie ein Dieb über den Schwarzmarkt auf der Suche nach Musikkassetten, die er dann heimlich hören musste, weil sonst womöglich der Nachbar bei der Staatspolizei gepetzt hätte.
Deshalb liebt der Kroate die Lichterkette so sehr. Und hängt sie überall auf, wo sie nur Halt finden kann. Und lässt das gemütliche Wort “Adventsmarkt” zu einem Mega-Dolby-Surround-Erlebnis für alle Sinne werden.
Unser Tipp: Stürzen Sie sich hinein ins kroatische Lichtermeer – mit derselben Lässigkeit, wie sie sommers in die Adria stürzen. Weggucken geht eh nicht. Denn wenn der Kroate seine Liebe zur Lichterkette zelebriert, versteckt er den Aus-Schalter so geschickt, dass niemand außer ihm selbst ihn finden kann ;-).
(Fotos: Pixabay (Lichterkettenwand), Visit Croatia (Adventsmarkt in Zagreb), Tina Stommel (Spliter Kugel))