Cromedia macht Schule: Willkommen zu unserem 28. Unterrichtspost “Wie werde ich ein echter Kroate?” Der kroatische Sommer hat begonnen, weshalb wir uns diesmal einer Eigenart widmen, die dort zu beobachten ist, wo jetzt alle hin wollen: an die Küste, ans Meer, nach Dalmatien. Nach Split!
Und dann strömen sie in diese Stadt, die erlebnishungrigen Touristen, und während sie den Prospekt zur 5-Island-Tour studieren (fünf Inseln im Schnelldurchlauf, super, da kann man abends noch die Folkloreaufführung auf der Spliter Promenade nachschieben und morgen früh dann ins Museum…), während die Nichtkroaten also – gedanklich Urlaubsterminpläne konzipierend, die Stufen zum Marjan, dem Waldberg von Split, hochächzen, da sehen sie IHN: den Mann auf der Bank, den echten Kroaten.
Ist der obdachlos? Betrunken? Arbeitslos? Nein, das ist er alles nicht. Er ist ein echter Splicanin (gespr.: splitschanin) im dalmatinischen Sommer – er hat die “fjaka”.
“Fjaka” mit Faulheit gleichzusetzen, waere nicht nur zu kurz gegriffen, es wäre empörend vereinfachend. “Die Fjaka”, schwärmt eine kroatische Freundin von mir, “ist das kroatische Nirwana”.
Es ist das ultimative, konsequente Nichtstun. Den Geisteszustand, den sich die Inder in Meditationen hart erarbeiten, den bekommen die Dalmatiner, speziell die Spliter umsonst – ohne langes Nachdenken, ohne Plan, ein Sommer-Geschenk Gottes an die Kroaten: Von oben brennt die Sonne, drumrum viel Stein, was tun? Nichts. Fjaka.
Man legt sich hin, wo man kann. Man schleicht, statt zu gehen. Man setzt sich ins Cafe, und sitzt und sitzt und wenn man das zu zweit tut, dann reduziert sich die Kommunikation auf ein gelegentliches Grunzen.
Mehr geht nicht, mehr soll nicht, mehr will nicht.
Fjaka ist Alltag als Dauerpause. Warum? „Vruce je“, stöhnt der fjakuni, „es ist heiß.“
Vruce, gesprochen wrutsche, ist oft – nicht immer – der Grund für die Fjaka … aber die Fjaka kommt auch bei Regen, bei Wind, im Winter – Fjaka kommt (und geht) immer. Und „polako“ (langsam) ist immer das Ergebnis.
„Polako“ war das erste kroatische Wort, das ich lernte – verbunden mit dem Ziehen an meinem T-Shirt, um meinen viel zu schnellen Touri-Schritt zu drosseln. Der Splicanin, der mich ausbremste, belohnte meinen freundlichen Gehorsam mit einer ersten tiefgreifenden Erkenntnis zur dalmatinischen Sommerlebensart: Die Fjaka, das Nichts, führt zur sinnstiftenden Erholung von Körper, Geist und Seele. Nichtstun ist eine Kunst! Der echte Dalmatiner ist ihr Meister… .
(Foto: Tina Stommel)