9.11.2018: Was heißt “peinlich” auf kroatisch? Bilo je sramota – Es war peinlich … oder auch: nenormalno … egal: Sie wissen, was ich meine, wenn ich die Geschichte eines tollen Ausflugs in die Bergwelt über der dalmatinischen Stadt Omis erzählt habe. Und ich erzähle ehrlich – auch wenn es, naja, ein bisschen peinlich war ;-).
Es begann so: Geschäftstermin in Split. Da ist – die Kroaten sind da durchaus konservativ -seriöse Kleidung angesagt. In meinem Fall Stiftrock – uska suknja – und schliche schwarze Ballerinas (weil ja fast immer der kleine Hund dabei sind, da sind Pumps – stikle – beim leinezerrenden schwarzen Minimonsterdackel Oscar eher unangebracht.
Und dann kam Marko Okram aud die Idee: Lass uns anschließend zur Fototour in Omis fahren. DIREKT anschließend. Okay, warum nicht? Stadttour in Ballerinas – kein Problem.
Dann blickte ich von unten, von Omis, nach oben. Und sah das Kastell, die Trvrdava Fortiva (gespr.: twerdjava fortiza) oben wie aus dem Felsen gewachsen auf dem Berg thronen. Und sagte: “Sieht nicht so weit weg aus. Bestimmt tolle Aussicht da oben. Wollen wir hoch?” Wir wollten. Oscar, der kleine Hund, wollte auch. Ein Einheimischer, der des Weges kam, wies uns den Weg von der Put Baucica (gespr. bautschiza) hinauf – und schüttelte den Kopf. Er wusste warum, ich wusste es dann etwas später – zu spät.
Der Weg begann gemächlich, schmal, mit Steinen links und rechts, aber begehbar – auch mit Ballerinas. Und dann, plötzlich, wies uns das kreisrunde rote Routensymbol steil nach oben. Auf Steinbrocken hin und her balancierend, kraxelte ich mit dem Rock, der irgendwie immer enger wurde, hinauf.
Irgendwann zog ich ihn hoch und höher – Minirock erlaubt größere Schritte noch oben. Andere Wanderer kamen uns entgegen, blickten irritiert bis amüsiert auf min Schuhwerk, dieweil sie solide mit Wanderschuhen und Sporthosen an mir vorbei stapften.
Dann wurde nicht mehr nur der Weg steil und immer schmaler, es ging auch noch links und rechts dramatisch herab. Mein Hund, der bis dahin souverän als Bergziege auf Pfoten vor mir her sprintete, wurde leicht unsicher – Dackel haben kurze Beine, und die Omiser Bergsteine stellten ihn vor allzu große Herausforderungen. Ich steckte ihn in die Tasche – sicher ist sicher. Mit fünf Kilo mehr auf dem Buckel stolperte ich weiter, hinter meinem sich weiter und weiter entfernenden Fotografen hinterdrein, der natürlich Sportschuhe und Hosen und keine Sorgen mit sich trug.
Wer war auf die Idee mit dem Besuch der Festung gekommen, fragte ich mich, während die Schulter, über der Oscar in der Tasche hing, immer mehr schmerzte und die Ballerinas immer öfter beinahe abrutschten. ICH war auf die Idee gekommen, also zog ich sie durch. Bis ganz nach oben, auf den Gipfel, atemlos, verschwitzt – und dann glücklich: Was für ein Panorama! Das Meer ein unendliches Seidentuch unter uns, die Nachbarberge zum Greifen nah. Und die Festung so, dass ich mich in einer “Games of Thrones”- Serie fühlte. Dramatisch! Mystisch! Irre schön!
Der Abstieg gab mir dennoch fast den Rest. Die Ballerinas haben ihn trotzdem überlebt, den Ausflug. Und ich empfehle jedem, der das wilde bergige Dalmatien kennenlernen möchte, diese Tour – aber Achtung: bloß nicht in Ballerinas und Rock!
P.S.: Auf dem Rückweg trafen wir eine Schnecke (kroatisch: puz, gesprochen: pusch). “Kada bi on dosao?” – “Wann wird sie oben ankommen?”, fragte sich mein Fotograf laut. Naja – immerhin gleitet sie – und rutscht nicht …
Info: Ab Put Baucice mit dem Auto nach oben fahren, parken und dem Schild “Utvrda / Fortress Stari Grad” nach rechts folgen. Dann immer nach dem roten Kreissymbol orientieren – und immer wieder nach unten gucken, um die wackeligen von den weniger wackeligen Steinbrocken zu unterscheiden. Und oben einfach den Blick schweifen lassen – übers seidene Meer und eine wirklich wilde, wunderschöne Landschaft!
(Fotos: Marko Okram/Video: Tina Stommel)