Cromedia macht Schule: Willkommen zu unserem 45. Unterrichtspost “Wie werde ich ein echter Kroate?” – diesmal … beten wir. Oder auch nicht: Wie hält es der Kroate mit der Religion?
“Boze moj”, sagt der echte Kroate auf diese Frage – gesprochen: bosche moj, übersetzt: Mein Gott! Er sagt das oft, auf Fragen, zu Erlebnissen, beim Zuhören – er sagt es wie der Deutsche auch: sagt “Gott” und meint ihn aber nicht, sondern nur: oh je, ach nee, nein wirklich?
Das Wort “Gott”, kroatisch: “bog”, wird unter Kroaten mindestens so häufig verwendet wie die unzähligen Flüche, die im kroatischen Alltagssprech in etwa so ungeheuerlich sind wie das deutsche “Mist!” – nämlich gar nicht ungeheuerlich. Und so ist es auch mit Gott: Es geht dem besten Freund/der Mutter/dem Schatz gut? “Da, bogu hvala!” ruft der Kroate – “ja, Gott sei Dank!”
Gott ist auch oft dabei, wenn man sich trifft und trennt: “Bog!” sagen die Dalmatiner wie “Hallo”, in der Hauptstadt Zagreb” wird daraus ein härteres “Bok”. Als ich zum ersten Mal das Begrüßungs- und Abschiedswort hörte, dachte ich sofort: wie in Bayern das “Grüß Gott”! Es gibt aber noch ganz andere Interpretationen: Ein (kroatischer) Freund sagte mir, mit dem Begrüßungs-“bog” sei gar nicht wirklich Gott gemeint – das käme von “dem indianischen Gruß”. Der heiße nämlich “bok”. ???? Ich kenne nur das Karl-May’sche “Howgh” oder “Hugh”, und Indianer waren doch in Kroatien nur zu “Winneto”-Filmzwecken, oder …? 🙂
Zurück zu Gott. “Boga mi”, sagt der Kroate, wenn er gaaanz ehrlich ist, wenn er quasi schwört: “bei Gott”, so kann man das übersetzen. Und ist der Kroate denn nun oft “bei Gott”? Den Zahlen nach schon:
- 87,8 Prozent der Kroaten sind römisch-katholischen Glaubens
- 4,4 Prozent sind Orthodoxe
- 1,2 Prozent sind Muslime
- 0,14 Prozent sind Zeugen Jehovas
- 0,01 Prozent sind Juden (Quelle: statista.de)
Das PEW Research Center hat im Auftrag der “Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland” (fowid) einmal nachgeprüft, wie es sich mit der Religion in Südosteuropa im täglichen Leben verhält – da entdeckt man ganz interessante Unterschiede:
- 86 Prozent der Kroaten glauben nach einer repräsentativen Umfrage von 2017 an Gott – in Serbien ein Prozent mehr, in Bosnien ist der Glaube sogar bei 94 Prozent tief verwurzelt
- Und was ist mit dem wöchentlichen Kirchenbesuch? 27 Prozent der Kroaten, sagen, sie tun’s – und 54 Prozent der Bosnier
- Dennoch bekräftigten in der Umfrage 58 Prozent der Kroaten, dass der Glaube in ihrem Leben eine wichtige Rolle spielt
Nun kann man sagen: Glaube und Kirchenbesuch – das sind zweierlei Dinge. In Kroatien – und auch überall sonst.
Wenn der Glaube zum Buch wird, zu DEM Buch, dann hat er dieses Jahr ein wichtiges Jubiläum: 1968 nämlich wurde die Bibel ins Kroatische übersetzt. 50 Jahre Bibel in kroatischer Sprache – da wird in Hrvatska gefeiert. Schon jetzt: In Zagreb hat die Kirchenführung jetzt bei einem Symposium an den Jahrestag erinnert.
Hier mischt sich Religion mit dem anderen, am Ende dem größten kroatischen Gefühl: der Heimatliebe, dem unbedingten Stolz, eine eigene, unabhängige Nation zu sein. Die Übersetzung der Bibel in die Landessprache war auf dem Weg hin zu diesem Ziel ein wichtiger Schritt – getan wurde er von zwei auf den ersten Blick sehr unterschiedlichen, aber seelenverwandten Männern:
- Bonaventura Duda, Franziskanerpater, geboren in Rijeka und aufgewachsen auf der Insel Krk (1924-2017)
und
- Jure Kastelan (gespr.: Kaschtelan), einer der berühmtesten Schriftsteller, geboren bei Omis (1919-1990)
Beide waren voller gesellschaftspolitischer Energie. Die mit Kastelans Hilfe von Duda übersetzte Bibel wird in Kroatien auch die “Zagrebacka Biblija” (gespr. sagräbatschka biblia) genannt – denn dort, in der Hauptstadt, wurde die kroatische Bibel veröffentlicht. Zu einer Zeit, in der der Sozialismus Kroatien fest in seinen unerbittlichen Händen hielt. Zu einer Zeit, als Glaube kein Thema war oder sein sollte.
Trotzdem wurde in diesem Jahr die biblija herausgebracht. Das hat mit (kroatischem) Mut zu tun. Und – boga mi – der war und ist groß, der Mut.
(Fotos: Pixabay)